Ein EFD in Gran Canaria

Ein EFD in Gran Canaria

Lea leistet seit Anfang September einen einjährigen europäischen Freiwilligendienst (EFD) auf Gran Canaria. Hier ist ihr erster Bericht.

Hallo zusammen,

vor drei Wochen landete mein Flugzeug hier auf Gran Canaria, der Kanarischen Insel im Atlantik, auf der ich die kommenden zehn Monate meinen EFD verbringen werde. Ich habe mich entschieden, nach der Schule einen Europäischen Freiwilligendienst zu machen, um einmal etwas ganz Neues auszuprobieren, in einer neuen Umgebung, mit neuen Leuten und einer anderen Sprache.

Vom Flughafen holte mich eine der Erzieherinnen der „Casa del Sol“ ab, dem Waldorfkindergarten, in dem ich unter der Woche arbeiten werde. Sie spricht nur Spanisch, was schon die erste Herausforderung darstellte, da ich so gut wie kein Spanisch spreche, es nur ein bisschen verstehe. Irgendwie haben wir uns aber doch verständigt. In solchen Situationen merkt man immer, wie wenig man eigentlich über die Sprache kommuniziert.

Die WG, die ich mir mit einer Deutschen und einer Französin teile, liegt in Arucas, einer Stadt westlich der Hauptstadt Las Palmas. Es ist eine sehr kleine Stadt mit gut 37 000 Einwohnern, es ist aber gleichzeitig auch eine der größten Städte auf Gran Canaria. Bei den Inselbewohnern ist Arucas bekannt für seine Rumbrennerei und die Iglesia San Juan Bautista, die aus Vulkangestein gebaut ist. Unser „Stadtrundgang“ durch Arucas hat eine gute halbe Stunde gedauert. Nur so zur Vorstellung…

Die WG selbst besteht aus je einem Schlafzimmer für jede Freiwillige, einem großen und einem kleinen Bad, einer Küche und einem Wohnzimmer. Eine tolle Zugabe ist auch eine große Dachterrasse, die sich alle Mieter teilen und von der aus man über ganz Arucas blicken kann.

Der Kindergarten liegt eine Viertelstunde Fußweg von unserer WG entfernt, der Weg führt an Bananenplantagen entlang. Bananen werden hier überall angebaut und sind im Supermarkt deshalb auch schon für 80 Cent pro Kilo zu haben.

Küsschen, mañana und ein rosa Kindergarten

Wie auch in Frankreich wird man hier mit Küsschen begrüßt. Allerdings nur mit zwei statt drei. Am Anfang habe ich mich etwas gewundert, da mich ja alle noch nicht kannten, mir wurde dann aber schnell klar, dass die Begrüßung insgesamt herzlicher ist als in Deutschland, mit überschwänglicher Freude werden nicht nur gute Freunde und Familie, sondern auch Arbeitskollegen und Bekannte geküsst. Auch Duzen ist üblich, gesiezt werden eigentlich nur deutlich ältere Leute und der Chef.

Die erste große Überraschung erlebten wir drei, als wir am Montagmorgen in den Kindergarten kamen. Die Erzieherin, die mich abgeholt hatte, begrüßte mich freudig und führte mich durch die Zimmer, die alle komplett rosa gestrichen waren. Eigentlich knallrosa. Sie bat mich, ihr beim Streichen der Schränke zu helfen, die auch alle rosa werden sollten. Als ich dann eine halbe Stunde gemalt hatte, fragte ich sie, wo denn die Kinder blieben… naja, wie sich herausstellte, hatten die Kinder noch bis Montag Ferien und wir verbrachten unsere Zeit bis dahin mit dem Waschen von Spielzeug und viel rosa Farbe.

In dieser ersten Woche mussten wir uns auch um viel Papierkram kümmern. Ich war davon ausgegangen, dass das Beantragen eines Bustickets, eines „Aufenthaltszertifikats“ und das Einschreiben in der Sprachschule einen Nachmittag, vielleicht auch zwei, in Anspruch nehmen würde. Da hatte ich mich geirrt. Beim Busbahnhof waren wir mittlerweile schon zum dritten Mal, weil immer irgendein Dokument fehlte, welches der Beamte vom Vortag leider nicht erwähnt hatte und in der Sprachschule standen wir auch schon mehrere Stunden in der Schlange, weil unsere Koordinatorin, die uns begleitete, uns auf „mañana“  (morgen) vertröstete, als wir erst die Hälfte der Papiere ausgefüllt hatten, weil sie keine Lust mehr hatte. Am nächsten Tag war die Schlange leider doppelt so lang.

Am Donnerstagmorgen wurde ich nicht wie üblich von meinem Wecker, sondern stattdessen von meinen Mitbewohnerinnen geweckt. Ich war schlagartig wach, als meine Füße plötzlich im Wasser standen. Über Nacht war Wasser aus dem Thermostat ausgelaufen, über dessen marodes Aussehen wir uns schon am Vortag Sorgen gemacht hatten. Das Wasser hatte das gesamte Bad, den Flur und zwei unserer Schlafzimmer, darunter auch meins, geflutet und es floss immer weiter. Zuerst wussten wir nicht, was wir machen sollten und haben unsere Notfallnummer, die Koordinatorin, angerufen, die aber leider nicht zu erreichen war. Wir beschlossen dann, bei den Nachbarn zu klingeln, um einen Schlüssel für den Keller zu bekommen, wo wir das Wasser abstellen konnten. Das hat leider eine Weile gedauert, weil zwanzig nach sieben noch niemand aufgestanden war… Nachdem dann endlich kein Wasser mehr floss, haben wir anderthalb Stunden gewischt, wobei uns aufgefallen ist, dass die Wohnung vor uns wohl nicht sauber gemacht wurde… Einer Cucaracha (Kakerlake, 4 cm) sind wir bei der Gelegenheit auch begegnet, daran müssen wir uns noch ein bisschen gewöhnen.

Später kam dann unsere Koordinatorin vorbei, die uns erklärte, warum neben der Herdplatte, dem Licht in einigen Zimmern und dem Ofen auch die Klospülung nicht funktionierte. Die hatte sie abgestellt, um die Wasserrechnung gering zu halten. (Wir haben aber zum Glück zwei Klos.)

Spanische Lebensfreude und Marienverehrung

Am Donnerstagabend fuhren wir mit dem Bus nach Teror, dem Städtchen, das als das kanarischste aller Städte auf Gran Canaria gilt. Am Freitag war der wohl wichtigste Feiertag für die Kanarischen Inseln: Nuestra Señora del pino (Unsere Jungfrau von der Kiefer). In Teror soll im 15. Jahrhundert einigen Hirtenjungen die Jungfrau Maria in den Ästen einer Kiefer erschienen sein, weshalb Teror als das Lourdes der Kanarischen Inseln gilt und eine Marienfigur jedes Jahr an diesem Tag in einer Prozession durch die Straßen der Stadt getragen wird. Das Busunternehmen stellte sich dafür auf über 68 000 Besucher, auch von den umliegenden Inseln, ein. Auch am Vorabend dieses Festes wurde schon ausgiebig gefeiert: Mit Gitarren, Trommeln und Tamburinen wurden in den mit tausenden Menschen gefüllten Gassen laut Volkslieder und auch neuere Lieder gesungen, die in Trachten gekleideten Einheimischen klatschten und tanzten und pfiffen. So eine Lebensfreude und so ein Gefühl von Zusammengehörigkeit habe ich selten erlebt.

Teror ist ja, wie schon erwähnt, ein Ziel für Pilger, und ganz besonders ist es die Marienstatue. Diese war am Festtag umzäunt, aber nachdem die Statue von der Polizei „freigegeben“ wurde, sprangen die Leute an der Abgrenzung hoch, um einmal den Mantel der Maria zu berühren.

Damit hat der Tag dann doch noch sehr schön geendet.

Nach einer etwas holprigen ersten Woche waren wir dann am Montagmorgen alle ganz gespannt, weil wir ja zum ersten Mal die Kinder sehen würden. In der „Casa del Sol“ gibt es drei Gruppen und in jeder Gruppe hilft eine Freiwillige mit. Ich wurde der „großen“ Gruppe zugeteilt, in der alle 5jährigen sind. Mittlerweile bin ich sehr froh darüber, weil die Größeren im Gegensatz zu den Dreijährigen fast ununterbrochen mit einem reden, sodass ich Spanisch jetzt schon viel besser verstehe. Den Kindern scheint es auch kaum etwas auszumachen, dass ich manchmal nur nicke oder eben auch nichts verstehe.

Wir Freiwilligen sind immer die Ersten, die im Kindergarten sind, damit wir genügend Zeit haben, um Stühle zu stellen, Wassergläser zu füllen, frische Handtücher hinzuhängen… was ein Freiwilliger eben so macht. Wenn die Kinder kommen, wird es oft ganz schön chaotisch, dann helfen wir beim Anziehen, Klettern, Burgenbauen, Kaufmannsladenspielen, Essenmachen, Händewaschen und Trösten. Die Abstimmung mit den Erzieherinnen, oder profesoras, ist wegen der Sprache manchmal noch etwas kompliziert, aber sie haben zum Glück sehr viel Geduld mit uns.

Zum desayuno, dem Essen am Vormittag, gibt es im Kindergarten jeden Montag Reis, dienstags Obstsalat, mittwochs Couscous, donnerstags Brot und freitags Reismilch mit Gofio (Maismehl). Reis, Couscous und Brot werden mit Olivenöl, Salz und Rosinen gegessen, was für mich neu war, aber sehr sehr gut schmeckt.

An den Nachmittagen schaffen wir drei oft nicht mehr, als noch das Wichtigste einzukaufen, weil man doch ziemlich geschlaucht ist von all den neuen Eindrücken und vor allem dadurch, dass man sich die ganze Zeit konzentriert, um möglichst viel zu verstehen.

Am Wochenende ging es dann nach Maspalomas im Süden der Insel, dem Ort, der den meisten Deutschen einfällt, wenn sie an Gran Canaria denken, weil es eine Touristenhochburg ist. Dort ist, im Gegensatz zu Arucas und dem Norden Gran Canarias insgesamt, immer Badewetter. Bekannt sind auch die Dünen, die sich direkt an das Meer anschließen. Gleich am frühen Morgen haben wir eine Wanderung durch diese „Dunas de Maspalomas“ gemacht, weil es dort sehr schnell sehr heiß wird. Nicht nur deshalb kommt man sich ein bisschen wie in er Sahara vor.

Montags und mittwochs soll ich eigentlich zur Sprachschule gehen, aber bis jetzt hat sich leider noch kein Lehrer gefunden, weshalb unser Kurs seit drei Wochen einfach ausfällt. Das finde ich sehr schade, weil ich ein bisschen Spanischunterricht gerade jetzt sehr gut gebrauchen könnte…

Für die kommenden Wochen haben wir einige Ausflüge auch auf die anderen Kanarischen Inseln wie Teneriffa, Fuerteventura und La Palma geplant, es gibt noch so viel zu entdecken!

Der Europäische Freiwilligendienst wird gefördert von ERASMUS+ mit Mitteln der Europäischen Union.

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